Dass der Rückenschmerz als Volkskrankheit Nr. 1 gilt, wissen die Meisten. Das Robert-Koch-Institut hat dazu noch konkrete Zahlen veröffentlicht: von etwa 5000 Menschen hatten 61,3 % der Befragten in den letzten zwölf Monaten Rückenschmerzen. 45,7 % davon gaben an, dass sie im vergangenen Jahr Nackenschmerzen hatten.
Kein Wunder also, dass viele Patient:innen mit genau solchen Beschwerden in meine Praxis kommen und sich Linderung erhoffen. Als Physiotherapeutin und Osteopathin habe ich dafür ausreichend Behandlungsmethoden in petto, aber reicht das?
Klares Nein! Warum? Weil nur mit Glück eine alle 3-4 Wochen terminierte Osteopathiesitzung das Problem endgültig löst. Was wirklich hilft, ist, herauszufinden, wieso der Nackenschmerz überhaupt entstanden ist und dafür gibt es so einige Erklärungen. Drei davon sind hierbei wahrscheinlicher als die Anderen:
Der Arbeitsplatz: hier verbringen wir viele Stunden am Tag, meistens 5 Tage die Woche, etwa 46 Wochen im Jahr. Dass ein schlecht eingerichteter Arbeitsplatz für Nackenschmerz verantwortlich sein kann, liegt somit auf der Hand (s. Blogartikel Einrichtung im Home Office).
Bildschirme, bei denen man nach unten schaut: Allen voran das Handy. Auch das Phänomen nimmt immer weiter zu und schadet langfristig der Halswirbelsäule und den umgebenden Strukturen (Blogartikel folgt). Schau doch einfach mal nach: was sagt deine Bildschirmzeit-Statistik? 😉
Der Schlafplatz: im besten Fall schlafen wir pro Nacht 7-8 Stunden. Also ca. 1/3 unseres Alltages! Sollte die Ursache für Deine Nackenschmerzen in einer falschen Matratze oder einem ungeeigneten Kissen liegen, verstehst Du nun vielleicht, warum eine Osteopathiesitzung alle 4 Wochen nicht viel ausrichten kann.
Wichtigstes Element beim Nackenschmerz? Das Kissen. Insbesondere Menschen mit regelmäßigen Beschwerden haben oft schon alles ausprobiert. Schaumstoffkissen, Federkissen, Seitenschläferkissen, orthopädische Nackenkissen… Nicht nur, dass solche Probierepisoden mühsam ist, das Ganze ist meist auch ziemlich teuer.
Am Ende muss ein gutes Kissen nicht wirklich viele Kriterien erfüllen. Folgende Aspekte sind aber in meinen Augen unerlässlich:
a) das Kissen unterstützt die Anatomie des Körpers und schränkt den natürlichen Bewegungsdrang in der Nacht nicht ein
b) das Kissen ist aus Materialien hergestellt, die wir bedenkenlos einatmen und unserer Haut antun können (man ist ja schließlich recht eng mit seinem Kissen 😉
c) die Kissenhöhe lässt sich individuell anpassen
d) die Nutzung ist nachhaltig (waschbar, individualisierbar, nachfüllbar)
Was am Ende rauskommt ist Folgendes: ein Kissen, welches die Maße 40x80cm hat, eine allergikerfreundliche Füllung beinhaltet und drumherum eine Hülle, die man öffnen kann, um die Füllung entsprechend anzupassen. Ich hatte mich vor einiger Zeit informiert und ein solches Kissen gefunden, welches ich seither meinen Patient:innen empfehle, die insgesamt alle sehr glücklich damit sind. Es wurde im Mai 2020 von Öko-Test mit „sehr gut“ ausgezeichnet. Es heißt „Cotana-Medicott“, eignet sich für alle Schlafpositionen und man kann unterschiedliche Füllungen dazubestellen (bspw. Dinkel, Wollflocken, Hirse etc.) Hier ist der Link: https://www.allnatura.de/baumwollkissen-cotona-medicott.html . Sicherlich gibt es noch mehr Hersteller, die die Kriterien erfüllen. Recherchier gerne mal und schreib in die Kommentare, wenn Du noch eine interessante Alternative gefunden hast. Ich würde mich freuen.
Warum die Empfehlung?
Kissen mit den Maßen 80x80cm sind absolut konträr zu unserer Anatomie. Der Körper braucht insbesondere in Seitlage ausschließlich eine Unterstützung unter der Halswirbelsäule. Bei größeren Kissen liegen diese häufig auch noch unter dem Schulterbereich und der Kopf-Nacken-Bereich wird zusammengedrückt bzw. auf der anderen Seite überdehnt. Das verursacht Verkürzungen in den Hals-Nacken-Muskeln und manchmal auch zu dem Phänomen eines plötzlich steifen Nacken, wenn man zudem noch eine kleine falsche Bewegung in der Nacht macht.
Ähnliches passiert häufig, wenn das Kissen zu „steif“ ist und die natürlichen Anpassungsbewegungen des Körpers nicht bedient werden, weswegen ich allgemein von orthopädischen Nacken- und Stützkissen abrate. Du schläfst auf so einem und seitdem geht es deutlich besser? Dann hast Du wahrscheinlich nie auf einem auf Dich abgestimmten normalen Kissen geschlafen, denn richtig ist: es sollte ausreichend Material in einem Kissen sein, um ausreichend zu stützen und trotzdem ein bisschen „Knautschen und Bewegen“ möglich sein.
Was solltest Du tun, wenn Du ein neues Kissen gekauft hast?
Lege Dich seitlich auf das Kissen und prüfe, ob dein Kopf wirklich horizontal liegt. Vermutlich ist zu Beginn zu viel Füllung im Kissen. Nimm diese solange raus, bis deine Wirbelsäule in Seitlage neutral liegt. Hebe den Rest der Füllung gut auf, diese wirst du vermutlich noch brauchen. In den ersten Wochen wirst Du dich vielleicht noch etwas ausprobieren müssen. Meistens merkt man ganz gut, ob man nachts aufwacht, weil einem „etwas fehlt“ oder weil man „ so unangenehm hoch liegt“. Gehe dieser Intuition nach und passe die Füllung an. Erfahrungsgemäß liegt man das Kissen gerade in den ersten Wochen recht schnell platt. Fülle in diesem Fall nochmal auf. Es wird nicht lange dauern, bis Du die optimale Höhe gefunden hast und ohne Verspannungen und ohne plötzlich einen Steifen Nacken zu haben, morgens ganz entspannt aufwachst 🙂
Happy sleeping, ich freue mich auf Euer Feedback!